Bei den Überlegungen zur Lockerung der Kontaktsperren in Deutschland, europaweit und weltweit, werden Apps diskutiert, die helfen sollen die Kontakte von positiv getesteten Menschen zu ermitteln. Die Kontakte zu ermitteln ist unbedingt erforderlich, um die Kontakte warnen und ihrerseits zur Kontaktvermeidung/Quarantäne auffordern zu können. Bisher wird das über die Befragung der positiv getesteten erreicht, die dem Gesundheitsamt die Daten der Kontakte mitteilen. Das ist sinnvoll, aber leider sehr langsam, wenn es zu viele Fälle, wie zur Zeit gibt.
Die Hoffnung: eine App auf Smartphones, die viele Menschen ständig mit sich herumtragen, könnte helfen die Kontaktpersonen schneller zu ermitteln. Dabei soll in Deutschland auch auf den Datenschutz geachtet werden und Kontakte erst an amtliche Stellen übermittelt werden, wenn eine Person positiv getestet wurde. Die Verwendung der App soll freiwillig sein.
Es ist begrüßenswert, dass auf den Datenschutz und Freiwilligkeit geachtet werden soll. Allerdings stellen sich noch viele Fragen zu der Sinnhaftigkeit einer solchen App. In den BR-Nachrichten wurde heute berichtet, dass 55% der Bayern sich vorstellen können, eine solche App zu nutzen. Insbesondere die Menschen über 65 Jahren würden sich beteiligen. Wenn aber nur die Hälfte aller Menschen sich beteiligen, wird im Mittel nur jeder zweite Kontakt ermittelt. Die Tatsache, dass ältere Menschen sich beteiligen wollen, ist verständlich, da sie zur Risikogruppe gehören. Als Personen, die nicht mehr im Arbeitsleben verankert sind, bleibt jedoch die Frage, wie häufig Menschen ab 65 Jahren Smartphones nutzen oder ob das Gerät nicht doch häufig zuhause bleibt, weil es nicht benötigt wird oder schlicht nicht aufgeladen ist. Auch gibt es bei den Älteren immer noch viele, die ohne Smartphone leben. Auch kleine Kinder, die häufig keine Symptome haben und so unbemerkt das Virus übertragen können, haben nicht alle ein Smartphone oder tragen es nicht ständig mit sich herum.
Aber auch, wenn alle tatsächlich immer ein Smartphone mit sich tragen würden, bleibt die Frage, wie die COVID19-Tests der ermittelten Kontaktpersonen sichergestellt werden. Solange solche Tests nicht innerhalb von 1 bis 2 Tagen sichergestellt werden können, macht das Ermitteln keinen Sinn. Menschen die sich über die Lockerung der Kontaktsperren freuen und vielleicht gerade angefangen haben, ihre Existenz wieder in den Griff zu bekommen, sollen aufgrund einer Warnung von einer App wieder in die Isolation?
Es wäre schön, wenn die oben aufgeführten Fragen *vor* einer Einführung einer App geklärt würden. Vielleicht könnte dann die Innovationskraft der Ingenieur*innen für bessere Lösungen genutzt werden.